Die malerische Praxis von Doris Piwonka (geboren 1968 in Judenburg) ist ein Paradebeispiel für eine Malerei, die sich den eigenen historischen wie aktuellen Bedingungen bewusst ist. Sie steht zudem für ein Weiterverfolgen eines Diskurses zur zeitgenössischen Malerei und behauptet jenes im Vertrauen auf des Mediums stets inhärenter, erneuerbarer, ästhetischer und visueller Energien. In ihrer ersten institutionellen Einzelausstellung im KM– Künstlerhaus, Halle für Kunst & Medien werden exemplarisch Bilder aus mehreren Werkblöcken beziehungsweise Schaffensphasen zu sehen sein, die über ein rein formales Interesse an malerischen Angelegenheiten hinausgehen. Die Künstlerin zeigt die Malerei nicht im kennerhaften Rückzug, sondern einerseits aus ihrem kanonischen Krisendiskurs ausscherend, ihre Grenzen und Realitäten dabei subtil integrierend, andererseits einer medienreflexiven Perspektive gewahr.
„Diese Strategie gewinnt mit den Jahren zunehmend an Komplexität. Wie Versatzstücke werden mehr und mehr malerische Mittel in die Bilder aufgenommen, die isoliert gesehen nichts Neues sein wollen, aber durch ein stetiges An- und Umordnen den Eindruck des bereits Gesehenen überschreiben und so beginnen, eine frische Kraft und Eigenständigkeit auszustrahlen.“ (Martin Prinzhorn)
Die kontinuierlichen Entwicklungen und Verfeinerungen in der Bildsprache Piwonkas sind dabei in ihrer Kohärenz wahrnehmbar. In ihren Bildern trennen Bildflächen den Raum kontemplativer, flächiger Farbräume von jenem der pragmatischen Reflexion auf den Ort, an dem das Bild existiert und den Bedingungen, Implikationen dieser Existenz. Eine Art doppelseitige Topik bestimmen diese Bilder. Auch das Verhältnis zwischen Vordergrund- und Hintergrundfarbe ist in höchstem Maße vertrackt, die Bildanteile dabei wie in zwei Bildsphären geteilt, einen affektiven Zugang zum Bild suggerierend. Trotz Irritationen zur Lage der Farbschichten, demonstriert diese Malerei den illusorischen Charakter jener ersten Grenzziehung, mit der sich das Bild seinen eigenen Raum als Bild abteilt: Rechteckformen stehen zum Farbfeld, auf das sie gesetzt sind in Kontrast, beschreiben die einzigen klaren Linien im Bild und eröffnen Differenzierungsmöglichkeiten gerade durch ihren Abstand zum Bildrahmen.
Inwieweit Referenzreste zu einer materiellen Wirklichkeit noch eine Rolle spielen, bleibt hier ebenso spannungsvoll offen und alleinig vom Einsatz der malerischen Mittel getragen. Entlang dieser sorgfältigen Sequenzen von Unentscheidbarkeiten entspinnen sich ambivalente Zusammenhänge zwischen der Bestimmtheit der Form und der Unbestimmbarkeit ihrer Grenzen. Piwonka gelingt es, der Malerei, der Organisation der farbigen Fläche, ihrer Materialität und historischen Überfrachtungen, Möglichkeiten, Mittel und Malweisen abzuringen, die sich nicht in selbstreferentiellen Legitimationsdiskursen bestätigen, noch vorrangig auf akademisch kodierte Verfahren setzen, sondern die bedeutungsvolle Frage, wie ein Bild gemacht ist und was es darstellt, am Idiom der Abstraktion aktualisiert.